Sand, Soda, Kalk,…

… oder Blei, und ein bisschen Pottasche, Feldspat, Dolomit. Bei Bedarf noch bestimmte Metalloxide für die Färbung, knapp 1500°C – daraus entstanden vor einigen Jahrzehnten in Skandinavien so kunstvolle und spannende Glasobjekte wie diese hier:

KAJ FRANCK (1911-1989, SF) für Iittala:

Die Bläschen in dieser kleinen Vase entstanden durch Eintunken des glühenden Glasklumpens in Soda. Kaj Francks Entwürfe sind für ihre Schlichtheit bekannt. Funktionalität war ihm oberstes Gebot beim Entwickeln von Gebrauchsgegenständen, Schönheit war dabei selbstverständlich. Iittala wurde 1881 gegründet. Heute umfasst die Iittala Gruppe mehrere skandinavische Firmen wie Arabia, BodaNova, Hackman, Höganäs Keramik, Rörstrand. Seit 2007 ist die Gruppe im Besitz von Fiskars.

VICKE LINDSTRAND (1904-1983, S) für Kosta:

Vicke Lindstrand begann 1928 bei Orrefors und blieb bis 1944. Danach war er künstlerischer Leiter bei Upsala-Ekeby (Keramik). 1950 wechselte er zu Kosta und schuf dort einige seiner berühmtesten Entwürfe wie z.B. Seaweed oder Kontur. Von 1977-1983 arbeitete er für die Studioglasütte Åhus. Kosta wurde 1742 gegründet und ist nach wie vor aktiv.

SVEN PALMQVIST (1906-1984, S) für Orrefors: Selena

Bereits im Alter von 28 Jahren soll Sven Palmqvist das erste Mal daran gedacht haben, Glas zu zentrifugieren – diese Idee setzte er einige Jahre später in der schnell populär werdenden Gebrauchsglasserie fuga für Orrefors um. Außerdem entwickelte er neue, sehr kunstvolle Techniken wie Kraka und Ravenna. Der milchig-opalisierende Effekt der Selena-Serie wurde durch Beimengen von Trübungsmitteln wie etwa Natriumfluorid erreicht. Orrefors existiert seit 1898.

NILS LANDBERG (1907-1991, S) für Orrefors:

Von Nils Landberg sind besonders seine wunderbaren Sommerso-Vasen in kühnen Formen bekannt. Daneben war er ein Meister der extrem hochstieligen eleganten Vasen und Gläser:


Foto: Orrefors

GUNNAR ANDER (1908-1976, S) für Lindshammar: Cascade

Der Architekt und Produktdesigner Gunnar Ander prägte ab 1949 ganz wesentlich die Formensprache für Lindshammar. Zusammen mit einem Ingenieur entwickelte er 56 neue Farben für die Glasverarbeitung. Er arbeitete bis zu seinem Tod für Lindshammar. Die Glashütte im schwedischen Lindshammar in Småland wurde 1905 vom Deutschen Robert Rentsch gegründet. Heute gehört sie zum norwegischen Konzern CG Holding.

GÖTE AUGUSTSSON (1917-2004, S) für Ruda: Cobolt

Demant:

Göte Augustsson war Hüttenmeister in 3. Generation und in seiner Glaskunst Autodidakt. Er arbeitete gerne mit Holzkohleformen, in denen seine Entwürfe geblasen wurden und deren unebene Oberflächen dem Glas die charakteristische Prägung gaben. Diese Modeln konnten nur wenige Male verwendet werden, was fast jedes Stück zu einem Unikat machte. Die Cobolt-Serie bekam ihre intensiv dunkelblaue und gegen das Licht gehalten tiefviolett erscheinende Farbe durch Kobalt. Ruda bestand von 1920-1972.

BENGT ORUP (1916-1996, S) für Johansfors: Studio (?), Tonerre

Bengt Orup war Johansfors von 1952-1962 sowie von 1967-1973 verbunden, in den Jahren 1963-1966 arbeitete er für Hyllinge glasbruk. In Schweden sehr beliebte Alltagsklassiker sind seine Trinkgläser und Karaffen. Johansfors wurde 1891 gegründet und ist bis heute aktiv.

BENGT EDENFALK (*1924, S) für Skruf: Spun

Bengt Edenfalk ging bei Edvard Hald in Orrefors in die Lehre, studierte dann an der Kunsthochschule in Stockholm (Konstfack) und begann 1952 seine Arbeit für Skrufs glasbruk. Dort entstand etwa seine Serie Spun, bei der Glasfäden auf das Objekt aufgelegt wurden. Bei Skruf blieb er bis 1978 um danach zu Kosta zu wechseln. Sein Oevre umfasst Kunstglas ebenso wie Gebrauchsglas. Skruf wurde 1897 gegründet und ist heute noch aktiv.

TAPIO WIRKKALA (1915-1985) für Venini, Murano: Mezzaluna

Tapio Wirkkala war Grafiker, Innenarchitekt und Glaskünstler. Berühmt sind seine Arbeiten für Iittala und jene für Venini, wo er von den 60er Jahren bis 1982 aktiv war. Dort entstanden Glasplatten wie Mezzaluna, oder seine wunderbaren Bolle.

TIMO SARPANEVA (1926-2006, SF) für Iittala: Arkipelago

Zahlreiche finnische Glasobjekte zitieren in ihren Formen die nordische Natur, erinnern an Seen, Bäume, Eis,… – so auch diese in der Form geblasenen Kerzenhalter Arkipelago vom äußerst vielseitigen Industrial Designer und Künstler Timo Sarpaneva.

Hier der Link zur Ausstellung Feuer und Eis – Finnisches Glasdesign made in Murano, die im Herbst 2010 in der Otto Wagner Postsparkasse in Wien zu sehen war. Gezeigt wurden Glasobjekte von Tapio Wirkkala, Timo Sarpaneva und Harri Koskinen, die für Venini viel in der Incalmo-Technik gearbeitet hatten, bei der getrennt geblasene und unterschiedlich gefärbte Teile zu einem Ganzen zusammengesetzt werden.

 

Glas ist also nicht einfach Glas. Manche Glasobjekte sind hauchzarte Fliegengewichte, andere mehrere Kilo schwere Brocken. Manche sind einfärbig, in andere wurden mittels aufwändiger Techniken und präziser Kunstfertigkeit Farbbänder eingearbeitet oder Farbschichten unterlegt. Manche Objekte entstanden aus einem Glasklumpen, andere wurden in mehreren Schichten gearbeitet (Über-/Unterfang), oder in Glas getaucht (Sommerso). Manche wurden frei geblasen, andere in der Form – einer Form aus Gusseisen oder Holz. Manche Gläser sind absolut frei von Bläschen oder Einschlüssen, bei anderen sind gerade die Luftbläschen das Wichtige, die beigemengten Metalle, Schlacken oder Emaillepulver das Spezielle.


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