Arne Jacobsens (1902-71, DK) Design ist für seine Schlichtheit bekannt, auch für die gelungene Verquickung von Funktionalität mit dem damals ganz neuen organischen Stil. Der Architekt begann seine Berufslaufbahn 1927 in einem Architekturbüro. Sein Schaffen wurde unterbrochen vom 2. Weltkrieg – Jacobsen war Jude und musste vor der deutschen Besatzung aus Dänemark fliehen. Die Meeresenge zwischen Dänemark und Schweden misst an der schmalsten Stelle nur 4 Kilometer, und so ruderte er 1943 über den Öresund nach Schweden.
Während seines etwa zweijährigen Aufenthalts in Schweden entwarf Jacobsen u.a. für die Textilabteilung des schwedischen Edelkaufhauses Nordiska Kompaniet (NK) eine Reihe Dessins, die mehr oder weniger naturalistisch Pflanzen abbildeten. Wieviele Dessins es insgesamt waren, ist schwer zu sagen – um die 20 oder mehr. Sieht man sie zum ersten Mal, denkt man an vieles, aber nicht an Jacobsen als den möglichen Urheber. Diese Stoffe sind sehr rar, einige kenne ich nur von Abbildungen, andere nicht einmal dem Namen nach. Ursprünglich wurden sie vom schwedischen Qualitätsunternehmen Ljungbergs Textiltryck AB bedruckt (das auch Josef Franks Stoffe für Svenskt Tenn druckte). Vierzig Jahre danach legte das schwedische Textilunternehmen Almedahls einige der Dessins in einer „Arne Jacobsen Collection 1983“ wieder auf, doch auch diese sind schwer zu bekommen – schließlich sind auch sie schon mehr als 30 Jahre alt.
Mittlerweile sind aber immerhin schon fünf der Dessins durch meine Hände gegangen, (leider nur) vier davon habe ich fotografisch festgehalten, und einige sind standesgemäß in der Textilsammlung des MAK (Museum für Angewandte Kunst Wien) untergekommen.
In diesem Blogpost in progress werden nach und nach alle Dessins zu sehen sein, derer ich habhaft werden kann.
Wie unerwartet grün und wuchernd und üppig Jacobsen also in seiner Stoffgestaltung sein konnte, wird wohl beim Anblick des Entwurfs Nässlor (Brennnesseln) sofort klar:
Jacobsen huldigte mit diesem Stoff den ebenso überlebensfähigen und wichtigen wie von „ordentlichen“ Gärtnerinnen und Gärtnern verfluchten sog. Unkräutern: Brennesseln, Ackerwinden, Disteln und andere Beikräuter wurden auf dicke, schwere Baumwolle gedruckt:
So sieht ein sehr ausgeblichenes Stoffstück aus, das zu Vorhängen aufgenäht jahrzehntelang Sonne abgehalten haben und oft gewaschen worden sein dürfte:
Die Webkante ist quasi das Impressum des Stoffes: Name des Dessins, des Designers und des Unternehmens sind hier vermerkt.
Ein blumiger Entwurf auf dickem Leinen gedruckt ist dieser Stoff, er heißt Klöver (Klee) und gibt eine bunt blühende Sommerwiese wieder:
Die Webkante:
Eine Wildnis von Park muss hier Jacobsen vorgeschwebt sein – zwischen Bäumen und Dickicht sind Parkbänke eingestreut, und auch hier ist Sommer:
Der Stoff heißt Parken (Der Park), auf den Ausschnitten kann man verschiedene Haine und Lichtungen, kleine abgeschiedene Räume im Grünen und viele unterschiedliche Bänke entdecken:
Die Webkante zeigt, dass der Stoff in der Reedition von 1983 von Almedahls bedruckt wurde:
Etwas weniger unmäßig und ungezügelt geht es auf dem Entwurf Kejsarkrona (Kaiserkrone) zu. Hier versammeln sich Kaiserkronen (Fritillaria imperialis), Tränende Herzen (Lamprocapnos spectabilis bzw. früher Dicentra spectabilis), Schachbrettblumen (Fritillaria meleagris) und andere Gartenblumen:
Die Webkante der NK-Ausführung:
Die Webkante der Almedahls-Ausführung:
Derzeit habe ich einzig den zu einem Vorhangpaar (240 x 125 cm) aufgenähten Stoff Kejsarkrona vorrätig. Doch wie gesagt bleibe ich dran und werde versuchen, möglichst alle Dessins zusammenzubekommen – der Blogartikel wird hoffentlich fortgesetzt!
Update November 2017:
Endlich liegt ein neues Motiv aus Jacobsens botanischer Stoffkollektion vor mir: Vegetation. Wie bei Nässlor auch hier ungeordnetes, üppiges, wildes Grün aus sich selbst pflegenden Wildpflanzen, jedoch aus einem schattigeren, feuchteren Eck der Natur: Farne, Salomonsiegel, Gräser,…
Dies ist die Baumwollausführung, die Farben sind leicht verwaschen:
Die Webkante, stark eingeschlagen, doch die wichtigen Angaben sind noch erkennbar:
In der Leinenausführung, wo auf ungebleichtem, naturweißem Leinen gedruckt wurde, erscheinen die Farben entsprechend wärmer:
Bei diesem Stoff wurde die Webkante nicht umgeschlagen. So ist gut zu sehen, wie breit der unbedruckte Rand ist:
Die Suche geht weiter!
Weitere Blogposts zum Thema Botanik auf Stoff finden Sie unter Grünzeug, Rasenstücke, und Herbstlaub.