Ohne vorher fiskelycka(*) gehabt zu haben, kommen folgende Utensilien eher nicht auf den Tisch. Bei all den Seen und den langen Küsten Skandinaviens hatte dort aber wohl immer gerade jemand Anglerglück(*), die nordische Küche ist reich an Fischgerichten und entsprechend phantasievoll und zahlreich sind die Hilfsmittel für das Zubereiten und Servieren von Fisch.
Die hier abgebildete Scholle – Pleuronectes platessa; schwedisch: rödspätta – sieht ziemlich echt aus, ist aber eine Wandkeramik. Also zurück zu dem was auf den Tisch und nicht an die Wand kommt… beginnen wir mit dem Hering:
Atlantischer Hering (Clupea harengus) oder Sill, wie er im Hohen Norden heißt, ist einer der weltweit häufigsten Fische überhaupt und nicht wegzudenken aus der nordischen Küche. Meiner Einschätzung nach wird er im skandinavischen Raum überwiegend mariniert genossen, man kann ihn aber auch vorzüglich braten, in der Pfanne oder in einem Fischbräter, und dafür gibt es etwa diese heringsförmige Heringsform aus Gusseisen. Die Gründerin von Svenskt Tenn, Estrid Ericson (1894-1981, S) entwarf dieses pfiffige Teilchen gemeinsam mit Tore Wretman (1916-2003, S), dem famosen Leiter von Stockholms Edel-Resturant Operakällaren. Wenn zwei solche Kapazunder ihrer jeweiligen Zunft zusammen etwas aushecken, kann dabei nur Gutes herauskommen:
Der Bräter besteht aus zwei Teilen, die untere Form ist gerade groß genug für einen Hering.
Für größere Kaliber ist dieser Fischbräter: Eine wahre Topfikone aus Timo Sarpanevas Hand, 1960 für Rosenlew entworfen:
Dass man in Gusseisen auch richtig gute Bouilleabaisses oder andere Fischsuppen und -eintöpfe machen kann, sei hier auch erwähnt. Schöne Gusseisentöpfe wurden bereits hier gezeigt.
Wer ein bisschen über Kabeljau und Stockfisch nachlesen möchte, kann das hier tun (und muss ziemlich weit ans Ende der Nordkap-Hinreise scrollen).
Die Übersetzung zur norwegischen Lehrtafel, von oben nach unten: Dorsch/Kabeljau, Köhler/Kohlfisch, Lengfisch, Wittling, Schellfisch … allesamt aus der Ordnung der Dorschartigen und besonders wichtig für die norwegische Küche.
Typisch für ein skandinavisches Buffet ist auf jeden Fall Lachs (Salmo salar = atlantischer Lachs), gebeizt (schwed. gravad) oder kalt geräuchert (schwed. kallrökt). Die hauchdünnen Scheiben bekommt man am besten hin, wenn der fette Fisch gut fixiert auf einem ausreichend großen Brett liegt und mit einem sehr langen Filetmesser bearbeitet wird. Wie zum Beispiel dieses Brett aus Birkenholz, entworfen vom Dänen Richard Nissen, ursprünglich wohl auch in seiner Nissen Trævarefabrik produziert, später dann in das Sortiment von Bodum übernommen (und auf Dänisch laksebræt med filetkniv genannt):
Nissen entwarf und produzierte besonders schöne Teakbretter in vielen Größen für alle erdenklichen Zwecke, teils mit Glasschälchen, oft mit dazugehörendem Messer. Dabei trickste er oft herum und ließ die Messer gerne im Schneidbrett verschwinden. So auch hier:
Das 30 cm lange Messerblatt wird seitlich im Holz in einen schmalen Schlitz geschoben…
… der Griff rastet perfekt in eine Ausnehmung im Brett ein.
Die gesamte Brett-mit-Messer-Kombi misst dabei sehr flache 20 x 60 cm.
Damit das Lachsfilet auf dem Brett nicht davonflutscht, wurde eine abnehmbare und perforierte Stahlschiene entwickelt.
Die nach außen oben gestülpten Lochkanten sind scharf und halten das Fischfleisch sicher an Ort und Stelle:
Brett und Messer waren mit Bodums Logo gemarkt:
Der WYSIWYG-Karton war eindeutig:
Zum Servieren von eingelegtem Sill waren diese Glasschälen gedacht, die Ann und Göran Wärff gemeinsam für die variationsreiche Glasserie Party ab 1972 für Kosta entwarfen:
(Das ist nicht gerade im Sinne der Fastenzeit, aber dass man zu Sill gerne einen Akvavit trinkt, sollte hier nicht unerwähnt bleiben.)
Und wieder eine Scholle, auch Teil der Wärff’schen Glasserie für Kosta und hier in Speisetellerformat (Servierplatten gab es auch):
Kleine zarte Sillfilets müssen behutsam aus der Lake oder Marinade gehoben werden, am besten von flachen Schalen…
… mit sogenannten Sillgabeln (aka Sardinenheber):
STÅKO (Stålkompaniet, S):
Thor Bjørklund & Sønner (N):
Bertel Gardbergs Lion Black, 1958 für Hackman (SF):
GAB (Guldsmedsaktiebolaget, S):
Ebenfalls zum Servieren diente diese antike Porzellanschale der schwedischen Gustavsbergs Porslinsfabrik (1828 gegründet):
Ganz leicht ist der Teller, aus sehr feinem Porzellan. Über Glasur wurden Fischkopf und Schwanzflosse mit Gold nachgezogen.
Der Stempel auf der Unterseite wurde von Gustavsbergs Porslinsfabrik von 1890 – 1910 eingesetzt, damals schrieb sich der Werksname Gustafsberg noch mit „f“. Der Jahresstempel besagt als Entstehungsjahr 1909:
Wenn es mal weniger Fisch und mehr Kartoffeln sein soll: Ein richtig gutes Janssons frestelse (Janssons Versuchung) gelingt auch in Gusseisen ganz wunderbar. Man muss halt die richtigen, echten ansjovis (Sprattus sprattus balticus) finden, die eigentlich unechte Anchovis sind. Hat man alle Zutaten beisammen, kommen sie zum Beispiel in eine Form wie diese hier:
Klafreström hieß der Hersteller, und auch wenn die abgebildete Dschunke eher kein skandinavischer Klassiker ist, war er in Schweden angesiedelt:
Gut, bisher wurde also ausgiebig mariniert, gekocht, gebraten, angerichtet, nun fehlt noch das passende Besteck.
Formschönes Fischbesteck gehörte grundsätzlich zu jedem Besteckmuster, ein besonders „fischiger“ Entwurf ist Ib Bluitgens Largo von 1970 für die dänische Lundtofte Knivfabrik:
Zeitlos ist Folke Arströms schlichter Klassiker Facette, 1949 für Gense (S):
Ilmari Tapiovaaras Polar, 1963 für Hackman – das Messer mit dem praktischen Knick:
Der fischlastigen Gebrauchsgegenstände findet man endlos viele, hier wurde ja nur ein winziger Bruchteil davon gezeigt. Und da Fisch in Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark allgegenwärtig ist, hängt er eben mitunter doch auch an der Wand, wie diese Keramik aus der EGO-Manufaktur im schwedischen Lidköping: