Folke Arström (1907-1997, S) hatte für den schwedischen Besteckhersteller Gense (Gustav Eriksson Nysilverfabrik Eskilstuna) bereits mehrere Bestecke entworfen, bevor er mit seinem Entwurf Focus de luxe im Jahr 1955 auf der Designmesse H55 in Hälsingborg (heute Helsingborg) Furore machte. Nach seinen beiden in Schweden sehr populären Bestecken Thebe (1944) und Facette (1949) gelang Arström mit Focus de luxe ein nachhaltiger internationaler Durchbruch:
Edelstahl als Material und schlichte Formen hatten sich seit den 1940er Jahren bereits durchgesetzt, das Neue und Ungewöhnliche an diesem Modell waren v.a. die Gestaltung der Messerklinge und der Gabel, erstere sehr kurz und organisch geformt, letztere mit sehr kurzen Zinken und breitem Schiff zur leichteren Aufnahme von Saucen.
Löffel, Gabel und Messer waren gleich lang, was mit der Konvention brach, das Messer immer mit einer langen Klinge auszustatten und ihm damit optisch eine besondere Bedeutung beizumessen. Das Focus-Messer jedoch reiht sich sozusagen auf Augenhöhe in das Basis-Trio Löffel, Gabel, Messer eines jeden Tafelbesteckes ein. Und es macht auch keinen sonderlichen Unterschied in der Handhabung des Messers, ob die Klinge so kurz ist wie hier oder um die 13 cm lang, wie es noch bis in die 30er Jahre üblich war – man setzt schließlich beim Schneiden nur mit dem leicht gerundeten vorderen Teil der Klinge auf.
Auch die schwarzen Nylongriffe waren zwar nicht völlig neu erfunden aber noch sehr „frisch“; ihnen folgten bald Griffe in Bordeaux und Grau:
Die bekannteste Anekdote zur Einführung des Bestecks geht folgendermaßen: Die H55-Messe war fertig aufgebaut, auch Gense hatte seinen Stand so weit fertig eingerichtet, nur Arströms Focus de luxe fehlte noch. Es war wohl knapp geworden im Werk in Eskilstuna, Arström hatte bis zur letzten Minute noch an Änderungen gefeilt, doch schließlich kam er mit den allerersten fertigen Besteckteilen in der Brusttasche seines Jacketts zur Messe und legte sie eigenhändig in den Schaukasten. Timing ist alles.
Gutes Timing bewiesen auch Firmen aus dem fernen Ausland, die ihre Industriespione mit Kameras zu den Schaukästen schickten und Arströms Focus-Serie auf dem Fuß sehr ähnliche bis idente Bestecke folgen ließen.
Aber natürlich wurde nicht nur abgekupfert. Arström inspirierte mit seinen schwarzen Griffen zahlreiche andere nordische Hersteller und v.a. ihre Designerinnen und Designer zu sehr schönen Entwürfen, die ebenfalls das neue Griffmaterial Nylon einsetzten. So war Ainar Axelssons Extrême aus dem Jahr 1957 ein schönes Modell von Genses schwedischer Konkurrenzfirma G.A.B.:
Erik Herløw (DK) entwarf im selben Zeitraum das wunderbar feine Besteck Contrast für Copenhagen Cutlery:
Das schwedisch-dänische Designduo Sigvard Bernadotte und Acton Bjørn hatte mit Scanline für Lundtofte (DK) ebenfalls ein Besteck mit schwarezen Kunststoffgriffen entworfen:
Der Finne Bertel Gardberg legte mit Lion für Hackman um 1957 ein sehr schönes Besteck vor:
Sigurd Persson (S) entwarf Mitte/Ende der 1950er Jahre für Kooperativa Förbundet KF und deren Hausratsabteilung in den Konsum-Filialen mit Servus svart ein sehr formbewusstes und praktisches Besteck. Mit der linken Kante der Gabel konnte man einhändig die Speisen schneiden:
Darüber hinaus gab es noch zahlreiche spannende und überlegte Modelle, aber auch viele einfachere Alltagsbestecke, die teils in Asien für den europäischen Markt produziert wurden.
In den USA wurde Arströms Focus de luxe schlagartig populär, doch die gerundete Klinge, die zwar wunderbar mit skandinavischen Essgewohnheiten harmonierte und zum Schneiden von Fisch, weich gesottenem Eintopf-Fleisch oder Hackfleischbällchen hervorragend geeignet war, kam mit den Steaks der Amerikaner nicht zurecht. Also entwarf Arström ein Steakmesser und alles war wieder gut. So gut sogar, dass die New York Times sein Besteck zu einem der 100 besten Designentwürfe der Moderne ausrief.
Das Besteck war ursprünglich sehr umfangreich:
Etwas später kam die Vollstahl-Ausführung, ein Monoblockbesteck, das Focus helstål genannt wurde:
Die Hummergabel ganz rechts wurde Jahre später von Pierre Forssell dazu entworfen:
Focus de luxe wurde bis 1967 produziert. Bei der Verpackung blieb Gense seiner allgemeinen Linie treu: