Skandinavische Pfeffermühlen der vorigen Jahrhundertmitte sind ein nahezu endloses Thema. Nicht endlos, jedoch mit offenem Ende wird dieser Blogpost sein, der nach und nach um weitere schöne Mühlen ergänzt werden sollen.
Nissens Trævarefabrik und Bodum
Die 1890 von Fritz Nissen auf der dänischen Insel Fügen gegründete Fassbinderei durchlief einige Veränderungen, während sie jeweils von Vater an Sohn übergeben wurde. Ihr Sitz wurde nach Langå auf Jütland verlegt, und als schließlich 1943 der junge Richard Nissen in das Familienunternehmen einstieg und 1952 Werksleiter wurde, stieg Nissens Trævarefabrik in den Bereich des schönen Produktdesigns ein. Ab 1955 entwarf der dänische Designer Jens Harald Quistgaard für Nissen und ließ auch lange Jahre seine Entwürfe für Dansk Designs bei Nissen produzieren. Die Zusammenarbeit wurde zu Beginn der 1970er Jahre beendet. Richard Nissen beschäftigete zu jener Zeit über 200 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sein Betrieb galt als einer der führenden Kunsthandwerksbetriebe für hochwertigen Hausrat (z.B. sehr funktionelle und ästhetische Schneidbretter, wie etwa dieses Lachsbrett) und – in geringerem Ausmaß – schöne Möbel aus Teak. Er leitete nicht nur das Unternehmen, sondern entwarf auch einen großen Teil des Sortiments. Ungefähr 30 verschiedene Mühlen-Modelle soll Nissens Manufaktur produziert haben.
Ab den 1980ern kämpfte das Unternehmen mit sinkenden Absätzen und wurde schließlich 1990 von Bodum, einem weiteren dänischen Traditionsunternehmen, gekauft. Bodums Firmensitz lag zu diesem Zeitpunkt bereits in der Schweiz. Bodum übernahm viele von Nissens Produkten in das eigene Sortiment und ergänzte es um Holzprodukte in Nissens Sinn. Deshalb trenne ich hier nicht in „Nissens Trævarefabrik“ und „Bodum“.
Eine besonders schöne und selten anzutreffende Pfeffermühle aus Nissens Trævarefabrik ist hier zu sehen, der Designer war vermutlich Richard Nissen selbst. Der lange schmale Holzgriff ähnelt einem Stößel, der Korpus einem Mörser:
Das Mahlwerk stammt von Peugeot, ist jedoch ein Patent von Richard Nissen aus dem Jahr 1972. Neu daran war die von einem roten Kunststoffstöpsel verschlossene Einfüllöffnung für Pfeffer direkt im Mahlwerk, wodurch der Korpus selbst unabhängig von Überlegungen, wo und wie das Gewürz eingefüllt wird, gestaltet werden konnte:
Die Feinheit des gemahlenen Pfeffers kann über mehr oder weniger starkes Hineindrücken des Drehgriffes in den Korpus während des Mahlens reguliert werden, was sich Nissen ebenfalls patentieren ließ:
Diese Mühle ist ein besonders schönes Beispiel für stabverleimte Teakobjekte, die in Dänemark zu jener Zeit mit großem handwerklichen Können und mit viel Gespür für das Material produziert und weltweit exportiert wurden:
Ein Merkmal vieler Nissen-Mühlen ist der schwarze Gusseisenring, der statt eines hölzernen Drehknaufs oder einer metallenen Kurbel das Mahlwerk dreht. Am häufigsten ist das Modell mit rundem Holzkorpus. Dieses Set aus Pfeffer- und Salzmühle ist aus Teak und bereits ein Bodum-Produkt:
Hier eine etwas kleinere Ausführung in Buche…
… deren Mahlwerk mit Stellschrauben zur Justierung der Feinheit des Mahlguts versehen ist. Diese von Nissen entworfenen Mühlen wurden von Bodum hergestellt…
… und um ein Gestell von Carsten Jørgensen ergänzt:
Zur Unterscheidung der von oben identisch aussehenden Pfeffer- und Salzmühlen bekam die Salzmühle ganz pragmatisch einen kleinen weißen Lackpunkt auf den Drehring verpasst:
Ein selteneres Modell aus Richard Nissens Produktion (und vermutlich auch aus seiner Feder) ist diese fünfseitige Pyramide aus purpurfarben gebeiztem Holz:
Das Pfeffermahlwerk stammt von Cole & Mason:
Carsten Jørgensen entwarf diese Bodum-Mühle aus Buche:
Auch hier kann mit einer Stellschraube die Feinheit des gemahlenen Pfeffers justiert werden:
Eine zylindrische Form mit großem Drehknopf aus Holz ist hier in Buche zu sehen:
Auf diesem Gruppenfoto, das neben Mühlen auch Gewürzstreuer zeigt, ist als vierte von links eine weitere Nissen-Mühle in Buchenausführung abgebildet:
Dansk Designs
Jens Harald Quistgaard hatte bereits vor seiner langjährigen und intensiven Entwurfsarbeit für Dansk Designs (siehe auch hier, hier und hier) viel mit Teak gearbeitet, u.a. wie oben beschrieben entwarf er für Richard Nissen. Quistgaard entwarf etwa 60 Mühlen für Dansk Designs, sie gehören zu den großen Begehrlichkeiten unter Sammlern und Sammlerinnen und erreichen je nach Alter, Modell und Holzart teils immense Preise.
Hier sind ein paar der gängigeren Modelle zu sehen:
So weit mir bekannt ist, waren alle Pfeffermühlen mit einem integrierten Salzstreuer versehen, wie etwa diese hier:
Auch diese Mühle hat oben am Korpus Streulöcher für Salz, das in die beiden Löcher eingefüllt werden kann, die von den oberen zwei Holzstöpseln verschlossen werden. Die beiden unteren Holzstöpsel verdecken die Einfüllöffnungen für die Pfefferkörner; gedreht wird der große Ring:
Weitere Mühlen sind auf diesem alten Inserat abgebildet, das einen schönen Eindruck von Quistgaards Produktivität alleine auf dem Gebiet Holz vermittelt:
Mühlen unbekannter Provenienz
Liegt keine Literatur über einen Hersteller und seine Produkte vor, ist die Zuordnung ungemarkter Objekte oftmals schwierig. Hier folgen also ein paar besonders schöne, anonyme Entwürfe:
Dieses Teak-Ensemble besteht aus Pfeffermühle, Salzmühle und Zahnstocherdöschen mit Glaseinsatz samt Deckel . Die Mahlwerke sind bezeichnet mit „Made in Italy“, was sich aber nur auf das Mahlwerk beziehen kann (Eergänzung vom 31.8.2021: Das Ensemble ähnelt sehr den Entwürfen von PJ Østergaard für PJØ Form Denmark):
Bei dieser 31 cm hohen Pfeffermühle, die die klassische italienische Pfeffermühle auf schlichtere und sehr schlanke Weise interpretiert und dabei an die Dame-Figur eines Schachspiels erinnert, wird mit einem dänischen Patent gemahlen:
Noch einige Teakmühlen unbekannter Herkunft (Ergänzung vom 31.8.2021: Die 2. Mühle von links wurde von Falle Uldall (1923-2017, DK) für Danewood entworfen):
Weiteres zu Teak und seinen Qualitätem können Sie hier nachlesen.
Literatur:
Perlson, Mark: Danish Pepper. Jens Quistgaard’s Teak Pepper Mills (Mark Perlson, 2008)