Friedl Holzer-Kjellberg (1905-1993) wurde in Leoben geboren, sie war gebürtige Österreicherin. Ihre Ausbildung zur Keramikerin absolvierte sie in Graz, und mit 19 Jahren zog sie nach Finnland. Für eine Keramikerin waren die ARABIA-Werke die naheliegendste Anlaufstelle, dort also begann sie ihre Berufslaufbahn und sollte 46 Jahre lang sowohl die Manufaktur als auch später das Museum prägen. Neben Studiokeramik entwarf sie auch ein umfangreiches Porzellanservice in einer alten Technik, die als Reisporzellan bekannt ist. Es heißt, dass Holzer-Kjellberg im Wiener Museum für Angewandte Kunst beim Zeichnen von Exponaten für Studienzwecke auf chinesisches Reisporzellan gestoßen war, das sie animierte, diese alte (12. Jhdt.), den so, ursprünglich persische Technik ab 1939 bei ARABIA wieder aufzugreifen und aus überlieferten Rezepturen die von ihr angestrebte, feine Zusammensetzung der Porzellanmasse zu entwickeln.
Porzellan ist im Prinzip eine sehr feine Keramik aus Kaolin, Quarz und Feldspat, mit äußerst dichtem, porenfreiem Scherben. Die Zusammensetzung der drei Hauptbestandteile bestimmt den Weißgrad. Die flüssige Porzellanmasse wird bis zur gewünschten Viskosität aufbereitet (gesumpft, gerührt, gefiltert, ihr wird Luft entzogen,…). Ist sie fertig, kann sie gedreht, über Form gerollt oder gegossen werden, je nach Objekt.
Für den Guss einer Hohlform, beispielsweise einer Tasse, wird eine mehrteilige Gipsform mit einer Teilungsebene hergestellt, deren Negativ etwa 15% größer sein muss als die gewünschte Tassengröße, da die Tasse beim Brennen schrumpfen wird. Der Gips entzieht der Porzellanmasse Wasser. Die Gipsform wird mit der flüssigen Porzellanmasse (Schlicker) angefüllt und einige Minuten zum Ansaugen stehengelassen. Während dieser Zeit entzieht die Gipsform der Porzellanmasse entlang der Formenwände Wasser und macht die Masse fester. Wenn die gewünschte Dicke nach einer gewissen Standzeit erreicht ist, wird die restliche Porzellanmasse ausgegossen, die oberen Formteile an der Teilungsebene abgehoben und dort das überstehende Porzellan abgeschnitten. Schließlich wird der noch feuchte, verformbare Tassenrohling vorsichtig aus der Form gelöst.
Bei der von Holzer-Kjellberg angewandten Technik wurden Reiskörner von Hand im gewünschten Muster in die feuchte Porzellanmasse gedrückt. Dabei musste extrem behutsam vorgegangen werden, um das Objekt nicht zu deformieren.
Die sichtbaren Gießnähte an den Außenseiten der Hohlformen wurden vorsichtig von Hand plan geschliffen, im Falle einer Tasse der gegossene, noch feuchte Henkel mit Garnierschlicker angebracht und die Ansatzstellen nachbearbeitet.
Die Anordnung der Reiskörner bildete unterschiedliche Muster, die unter den Bezeichnungen Rivi (Reihe), Lehti (Blatt), Oksa (Ast) u.a. liefen. Mir sind zumindest sechs Muster bekannt, es mag aber noch mehr gegeben haben. Dieses Mokkatässchen mit Untertasse trägt das Blattmuster Lehti:
Die mit Reiskörnern gespickten Objekte kamen für den ersten Brennvorgang, den sog. Glühbrand, für viele Stunden bei bis zu 1000°C in den Ofen, dabei verbrannten die Körner und hinterließen schmale Lücken im Porzellan. Danach wurde das gehärtete Porzellan feingeschliffen, anschließend mit Mineralmehlen glasiert. Beim zweiten Brennvorgang, dem Glattbrand, wurde das Brenngut einige Stunden kürzer als beim Glühbrand, aber mit weit höheren Temperaturen (bis zu 1500°C), gebrannt. Dabei lief die Glasur in diese Löcher hinein und füllte sie. Diese Glasurschicht war naturgemäß dünner als die Wandstärke des Porzellans, beim Tasten spüren die Fingerkuppen kleine Vertiefungen. Gegen das Licht gehalten ergibt sich ein wunderschöner Effekt wie hier beim Becher:
An Tellergrößen hatte das Riisiposliini einiges zu bieten. Hier ein kleiner Teller (19 cm Ø)
Der Speiseteller (25,5 cm Ø):
Mit 27 cm im Durchmesser wohl der größte Teller:
Etliche Schälchenformen waren Teil der Serie:
Die Suppentasse hatte zwei angesetzte Henkel und stand auf einer Untertasse:
Hand-Werk hinterlässt seine Spuren. So sind auch nicht alle Tassen- oder Becheröffnungen exakt kreisrund, Vasen sind manchmal ganz leicht verzogen, Schälchen ebenso… ARABIA unterhielt für die Produktion des Reisporzellans eine eigene Abteilung, in der manchmal bis zu 20 Personen nur an diesem Porzellan arbeiteten. Bis 1974 wurde das riisiposliini hergestellt. Heute ist das so fragil wirkende, aparte Reisporzellan eine gesuchte Rarität.
Neben dem Reisporzellan schuf Holzer-Kjellberg Schalen, Vasen, Pokale, die sie gerne ochsenblutrot oder kobaltblau glasierte. Glasuren waren ein wichtiges Thema für sie, sie mischte sie auch selbst an und arbeitete intensiv mit dem Labor bei ARABIA zusammen, um neue Glasuren zu entwickeln.
Außerdem führte sie als polyglotte Frau Besucherinnen und Besucher durch das dem ARABIA-Werk angeschlossene Museum. Als der Museumsdirektor 1948 Finnland Richtung Schweden verließ, wurde sie Museumsdirektorin. 1971 ging sie in Pension.
Ein Tipp für alle, die gerne live sehen wollen, wie Porzellan hergestellt wird: Die Porzellanmanufaktur Augarten im 2. Wiener Gemeindebezirk bietet mehrmals die Woche Führungen an.
Und ein Blick auf die Website von Sandra Haischbergers Porzellanmanufaktur feinedinge gibt einen Eindruck davon, wieviel Feinarbeit und Schwerarbeit zugleich im Porzellan steckt.
P.S.: Eine weiße Meeresschnecke mit dem Namensbestandteil Porcellana war Namensgeberin für Porzellan.