Ilmari Tapiovaara (1914-1999, SF) ist als der mit den Stühlen bekannt, denn er arbeitete sich an der Entwicklung des einen, guten Stuhls ab, wie ja auch sein dänischer Kollege Hans Wegner (1914-2007) … Jaja, Stühle… Aber Besteck ist da nicht viel anders: Der Mensch ist das Maß, die Grundform – in diesem Fall die drei Grundformen Löffel, Gabel, Messer – ist mehr oder weniger fix, und es gibt eigentlich schon genug davon. Weshalb also noch einen Stuhl, noch ein Besteck entwerfen?
Zum Beispiel, weil man eine brillante Idee für das Fischmesser hat! So entwarf also der Stuhldesigner ein Besteck, das es in sich hat und 1963 von Hackman unter dem Namen Polar vorgestellt wurde:
Aber nicht nur das Fischmesser verdient Beachtung, hier ist die Tafelgröße mit dem elegant geschwungenen Messer abgebildet:
Das Tafelbesteck gibt für alle kleineren Größen die Form vor. Am meisten Variation erlaubte sich Tapiovaara bei den Messern. V.l.n.r. Buttermesser, Vorspeisen-/Dessertmesser, Menümesser, Tafelmesser, Fischmesser, Käsehobel:
Das Besteck war durchaus umfangreich, einige Teile sind gar nicht auf dem Foto, denn natürlich gab es auch Tee- und Kaffeelöffel:
In diesem Beitrag ist die früheste Ausführung mit eckigen Messergriffen zu sehen, später wurden die Griffe nämlich abgerundet.
Aber nun zum Fischmesser. Was hat es auf sich mit diesem Knick? Die Antwort gibt einem der eigene Körper ganz automatisch, sobald man das Messer in die rechte Hand nimmt: Der Knick im Messerhals nimmt den Essenden das Abspreizen des rechten Ellenbogens ab – man legt beim Zerteilen automatisch den Arm an den Körper. Außerdem erleichtert er das Zerlegen von Fisch, dabei hantiert man ja oft mit flach liegendem Messerblatt, was sich durch den Winkel ganz formidabel machen lässt.
Der Zeigefinger rastet quasi in der Mulde des Knicks ein, und so lässt sich das Messer wunderbar führen.
Dieser Knick wurde auch für Fluglinienbesteck eingesetzt, wodurch den Essenden der benachbarte Ellenbogen in den Rippen erspart blieb…
Käsehobel sind in Skandinavien ja – dank Thor Bjørklund! – so etwas wie ein Survivaltool, zumeist aber spatenförmig und mit zum Körper schräger Zugrichtung konzipiert. Tapiovaara hat hier, ähnlich wie beim Fischmesser und beim kleinen, kecken Buttermesser, ein segelförmiges Blatt entwickelt, das man frontal Richtung Körper ziehen kann. Mit den beiden Spitzen vorne dran wird das Käseblatt aufgenommen.
Der Drinklöffel:
Alle Teile sind mit Hackman gemarkt:
Tapiovaara hatte neben Innenarchitektur in Helsinki auch Industrial Design studiert, war für Le Corbusier tätig, führte zusammen mit seiner Frau, der Architektin Annikki Tapiovaara ein Studio für Design, hatte die künstlerische Leitung des finnischen Möbelunternehmens Asko (Stühle!) inne und unterrichtete an einigen Universitäten im In- und Ausland, so etwa am Designinstitut des Illinois Institute of Technology in Chicago.
Seine Entwurfstätigkeit reichte von Architektur über Innenarchitektur zu Grafikdesign und Fotografie, hin zu Produkten aus den Bereichen Möbel, Besteck, Wohntextilien, Beleuchtung, Glaswaren, Spielzeug, HiFi-Anlagen. Er war nicht nur äußerst produktiv, sondern auch sehr erfolgreich: Seine Entwürfe erregten bei der Triennale di Milano mehrmals Aufsehen und wurden mit etllichen Goldmedaillen ausgezeichnet.
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