Immer wieder wird das ausgeprägte Interesse der SkandinavierInnen für die Gestaltung des Innenbereichs mit den langen und dunklen Wintern begründet: Wer einen großen Teil des Jahres in den eigenen vier Wänden verbringt, möchte eine ansprechende Umgebung. Und vielleicht hat Josef Frank die Sache auf den Punkt gebracht, als er seine Vorliebe für natur- und v.a. pflanzeninspirierte Stoffmuster so begründete: Er wolle die Natur und das mit ihr verbundene Gefühl der Freiheit und Luftigkeit in die Wohnungen holen.
Denn bemerkenswert an skandinavischen Textilien ist, dass die Motive tatsächlich sehr oft der Botanik entlehnt sind.
Skandinavien hat eine lange Tradition in der Textilgestaltung. Für die Stoffdessins wurden und werden nach wie vor DesignerInnen beauftragt. Die bekanntesten aus der Zeit um 1940-1970 sind sicherlich Josef Frank (A/S), Maija Isola (SF), Viola Gråsten (SF/S), Marjatta Metsovaara (SF), Astrid Sampe (S) oder auch Arne Jacobsen (DK).
Viele der großen Kaufhausketten leisteten sich ihre eigenen Kollektionen, sowohl was Textilien für den Wohnbereich anbelangte, wie etwa Bettwäsche und Geschirrtücher, als auch Meterware vom Ballen. Die Kollektionen gaben sie entweder direkt bei den DesignerInnen und den Stoffmanufakturen in Auftrag oder orderten sie in Lizenz für ihre Eigenmarke. So ließ etwa der schwedische KONSUM bei Borås Wäfveri u.a. Vorhänge der finnischen Designerin Maija Isola fertigen.
Manche der Textilfirmen wurden gegründet, nachdem der mechanische Webstuhl die maschinelle Textilverarbeitung ermöglichte und sind seit der frühen Mitte des 19. Jahrhunderts aktiv. Einige jüngere Firmen erleben seit ihren Anfängen enormen Zuspruch. So etwa der finnische Wachstuchhersteller Printex Oy, der 1949 von Armi und Viljö Ratia 1966 in ihre 1951 gegründete Kleidermarke Marimekko eingegliedert wurde. Und trotz der computergesteuerten Technologien produzieren einige ihre Kollektionen nach wie vor im Handdruckverfahren. Zum Beispiel die kleine, 1946 gegründete schwedische Manufaktur Frösö Handtryck auf der gleichnamigen Insel im See Storsjön.
Platzdeckchen aus Leinen aus den 1950er Jahren von Frösö Handtryck, Design: B. Thorell:
Josef Frank (1885-1967) entwickelte in seinen Stoffentwürfen eine ganz prägnante, sehr phantasievolle Formensprache, die oft kopiert wurde: Blumen und Vögel in kräftigen Farben, phantastische Schmetterlinge, Bäume mit erstaunlichen Früchten – dies verbinden wir gemeinhin mit seinen Stoffen.
Doch Josef Frank konnte auch ganz anders. Er entwarf etwa sehr schöne, abstrahierte Topographien von Städten und Landschaften, oder war ungegenständlich und geometrisch. Hier ein Beispiel eines sehr frühen Entwurfs namens „Bows“ für die von ihm 1925 zusammen mit Walter Sobotka und Oskar Wlach gegründete Wiener Einrichtungsfirma Haus & Garten. Produziert wurde dieser Stoff damals vom Waldviertler Textilunternehmen Backhausen (gegr. 1849). Heute ist er Teil der Kollektion der schwedischen Textilfirma Almedahls (gegr. 1846):
Der finnischen Textildesignerin Maija Isola (1927-2001) gelang mit „Unikko“ (Mohn) ein Entwurf, der all ihre anderen Stoffgestaltungen an Bekanntheit überragt:
Dabei hatte Maija Isola eine sehr breite Palette an Stoffmustern gestaltet, an die 500 schon alleine für Printex Oy bzw. Marimekko. Auch für andere Textilunternehmen war Isola tätig – hier ein paar Beispiele:
„Hundkex“ (Kerbelkraut), produziert von der schwedischen Textilfirma Borås für den schwedischen KONSUM:
Dasselbe Dessin in Grüntönen:
Ebenfalls aus dieser Serie ein Muster namens „Åkergräs“ (Ackergräser), das Labkraut in Ocker- und Gelbtönen zeigt:
Maija Isolas „Oja“ (Weidenröschen) von 1972 wird nicht mehr produziert. Diese leuchtend pinkfarben blühende, zwischen 30 und 150 cm hoch werdene Pflanze überzieht sommers die skandinavischen Wiesen und säumt die Wegesränder mit ihrer intensiven Farbe. Der Stoffentwurf ist farblich zurückhaltender in Grüntönen auf vanillefarbenem Grund:
Hier Isolas Entwurf „Heinä“ (Heu) von 1957 – ein Entwurf, der von heute sein könnte und auch nach wie vor in Marimekkos Programm ist:
Dass auch Arne Jacobsen (1902-1971) dem Floralen zugeneigt war, mag erstaunen, wenn man seine schlichte Architektur, seine Möbelentwürfe und Gegenstände des täglichen Gebrauchs kennt. Für Nordiska Kompaniet (NK), ein schwedisches Warenhaus mit gehobenem Sortiment, entwarf Jacobsen Mitte der 1940er Jahre eine Stoffkollektion, die von Ljungbergs Textiltryck (S) hergestellt wurde. Es waren insgesamt 12 Dessins, allesamt mit pflanzlichen Motiven – hier zwei davon:
Arne Jacobsens „Klöver“ (Klee), Leinen:
Doch nicht nur der lieblichen Sommerwiese setzte Jacobsen in Stoff ein Denkmal, er bedachte auch das sogenannte Unkraut, Gstettenpflanzen wie Brennesseln und Disteln, mit einem Dessin:
„Nässlor“ (Brennnesseln) von Arne Jacobsen, Baumwolle:
Die folgenden Dessins erinnern ein wenig an die oben gezeigten Stoffe, sind jedoch von anderen DesignerInnen, Herstellern, und teils neueren Datums:
Farnmotiv auf strukturierter Baumwolle (DesignerIn und Hersteller unbekannt):
Ein aktuellerer Entwurf von Jenny Stefansdotter-Stentoft (*1979) von 2006 namens „Foliage“ für Almedahls (S) auf leicht transparentem, grob gewebtem Stoff:
Ein weiterer Stoff aus sehr dünner, leicht durchscheinender Baumwolle mit Zweigen und Blättern – Teil von Hemtex‘ (S) Kollektion (DesignerIn unbekannt):
Baumsilhouetten in grün und braun, von der schwedischen Kaufhauskette Åhléns (DesignerIn unbekannt):
„Panorama“, ein Muster der finnischen Designerin Elina Rebers (*1965) von 2006 für Borås:
Stilisierte Grashalme (DesignerIn und Hersteller unbekannt):
Vermutlich ein 70er Jahre-Entwurf sind diese Seerosen (DesignerIn und Hersteller unbekannt):
Etwas exotischer fällt dieses Motiv aus (DesignerIn und Hersteller unbekannt):
Ein älterer Stoff als Bettüberwurf für ein Einzelbett genäht (DesignerIn und Hersteller unbekannt):
Hier ein sehr schöner, handbedruckter Stoff namens „Eken“ (die Eiche) der finnischen Designerin Viola Gråsten für Mölnlycke (S; existierte von 1849 bis in die späten 1990er Jahre). Leinen als Tischdecke vernäht (230×120 cm):
Astern auf locker gewebtem Stoff (DesignerIn und Hersteller unbekannt):
„Skuggor“ (Schatten) der schwedischen Textilfirma Serholt. DesignerIn unbekannt:
Silhouetten von Zweigen und Ästen auf transparenter Kunstfaser in Panelbreite (DesignerIn und Hersteller unbekannt):
Die meisten der hier abgebildeten Stoffe und einige weitere werden ab 10. März im designqvist aufliegen. Überwiegend handelt es sich dabei um gebrauchte Stoffe, die teils sogar aus den späten 1940er Jahren sind. Alle sind in einem schönen und gepflegten Zustand, doch Zeichen der Zeit wie verblichene Farben oder Säume sind fast unvermeidlich.
Die neueren Stoffe, die hier vorgestellt wurden, sind wiederum neuwertig und wie frisch vom Ballen.
Die Längen und Mengen der verfügbaren Stoffe sind sehr variabel und naturgemäß begrenzt. Sie werden daher bevorzugt nicht zerschnitten und aufgeteilt sondern nur im Stück abgegeben.