… weswegen bei den derzeit etwa 35° C Außentemperatur hier in Wien im Schaufenster lauter Vasen in allen erdenklichen Blau-Nuancen stehen und Frische ausstrahlen:
Es handelt sich trotz des gemeinsamen Prinzips Vase um sehr unterschiedliche Objekte, die sich in Form und Glastechnik teils stark von einander unterscheiden. Ausgestellt sind Entwürfe von Göte Augustsson (Cobolt, 1960er für Ruda, S), Bo Borgström (Oxid u.a., 1960er für seda, S), Vicke Lindstrand (LH 1604, 1959 für Kosta, S), Bengt Orup (Spontana, ev. Studio, 1950/60er für Johansfors, S), Elsa Söderberg (Retina, 1960er für Hovmantorp, S), sowie ein paar noch unidentifizierte für Ekenäs (S), Reijmyre (S) u.a.
Hochprozentiges in reiner Form verlangt zumeist nach kleinen Gläsern, deren Formen äußerst vielfältig sein können. Ist die Glasmasse bunt, kommt die Farbe bei klaren Schnäpsen am besten zur Geltung, wie bei Akvavit etwa, jenem in Skandinavien traditionell eher aus Weizen denn aus Kartoffeln gebrannten Wodka, der mit Gewürzen wie Kümmel, Anis, Fenchel seine besondere Note erhält, oder gar – wie im Falle des norwegischen Linjeakvavit – zwecks Abrundung des Aromas in alten Sherryfässern gelagert einmal den Äquator überquert haben muss.
Ein Klassiker unter den nordischen Schnapsgläsern, ja geradezu die Schnapsglasform ist hier abgebildet: Ein konisches Glas direkt auf plattem Fuß, auf Schwedisch auch nubbe genannt, nach den kleinen Eisennägeln, die früher noch von Hand gefertigt wurden (genauso wie der Großteil der hier abgebildeten Gläser):
Derzeit entstehen allerorten kleinere Genossenschaften und erleben viel Zuspruch. Initiativen, die den Herstellungsprozess und den gesamten Weg bis zur EndverbraucherIn in der Hand haben, wirken wie etwas Neues, Ungewöhnliches, fast Subversives. Doch das war ja alles schon einmal da…
Foto: Maria Magnusson, Stockholms Stadsmuseum Weiterlesen
Im vorangestellten Blogpost ging es um den aufwändigen und komplexen Herstellungsprozess von lupenreinem, völlig farblosem Glas. Hier kommt nun ein wenig Anschauungsmaterial zur Theorie:
Einer der vielfältigsten Glaskünstler Schwedens war Bengt Orup (1916-96). Mit 17 Jahren begann er seine Ausbildung zum Maler an Otte Skölds Malereischule in Stockholm, die er in Paris an der Académie de la Grande Chaumière und an der Académie Colarossi fortsetzte. In der skandinavischen Moderne nehmen seine Arbeiten v.a. in der konkreten Kunst eine wichtige Position ein.
Periodenweise war das Material seiner Wahl jedoch Glas: Von 1952-62 und von 1967-73 war er künstlerischer Leiter der Glashütte Johansfors (1891-1991), dazwischen arbeitete er von 1963-66 für Hyllinge Glasbruk. 1968 hatte er als Glaskünstler eine Gastprofessur am Royal College of Art in London inne.
Orup schuf Tafelglas-Serien wie etwa Strikt, Stripe oder Party, die damals sehr populär waren und heute gefragte Sammlerstücke sind. Seine Kunstgläser zeichnen sich durch Schlichtheit in der Form aus, beigemengte Eisenschlacken, Metalloxide und Farbverläufe geben der Glasmasse ihre Besonderheit.
Tonerre heißt eine hellgrau opalisierende Serie von 1953 für Johansfors: