Finnischer Hausrat aus Gusseisen ist ein ziemlicher Hammer. Geradezu abgefahren. Spacig ist wohl das richtige Wort.
Raumfahrt war mit dem Sputnik 1 seit 1957 Realität, und UFO-Sichtungen hatte es ja schon Jahrzehnte davor gegeben (sagen die, die dabei waren). Pop und Comics waren voll davon, und offenbar auch die Köpfe einiger Designerinnen und Designer. Was die Mode betrifft, waren die Finnen deutlich bodenständiger als etwa Pierre Cardin, aber was sie sich so für die Küche ausdachten, das war doch ziemlich futuristisch.
Beginnen wir mit Timo Sarpanevas (1926-2006, SF) Saturnus:
Nur ein Jahr, von 1960-61, war dieser kugelförmige Bräter in Produktion, die Inspiration dazu bekam Sarpaneva aus dem All.
Dieser Himmelskörper wurde in zwei unterschiedlichen Größen hergestellt. Der äußere Durchmesser der kleinsten, hier abgebildeten Größe betrug 16cm, jener des größeren Modells betrug 25cm. Hier ist die frühe, matt schwarze Ausführung abgebildet, es gab auch glänzend rot, schwarz, blau oder khakifarben emaillierte Bräter, die innen weiß emailliert waren.
Doch Rosenlew, der Hersteller, war nicht so recht glücklich damit: Zu filigran waren die stabförmigen Verbindungen zwischen Korpus und Ringen, zu leicht brachen sie schon während des Produktionsprozesses oder blätterte die Emaillierung an den Ansatzstellen ab.
Sarpaneva ließ sich überreden, eine überarbeitete Version zu entwerfen, für die er die zarten Ringe mit direkt an den beiden Halbkugeln ansetzenden, elliptischen „Krempen“ ersetzte. (Sobald ich dieser Variante habhaft werde, kommt ein Foto davon auf diesen Blogpost.)
Um chronologisch zu bleiben, sehen wir uns Sarpanevas berühmten Bräter mit dem Teakgriff an:
Er ging ebenfalls 1960 in Produktion, und wieder war Rosenlew der Hersteller, die Serie lief unter dem Namen Sarpaneva.
Um das leidige Problem von brennheißen Griffen eines frisch aus dem Ofen geholten Bräters zu lösen, trickste Sarpaneva mit einem Zauberstab:
Der leicht geschwungene Teakgriff hat an jedem Ende Einkerbungen, in die die Topfgriffe einrasten, sodass man den Topf einfach heben und tragen kann:
Bleibt noch das Problem mit dem heißen Deckel: Auch hier schiebt sich der Teakgriff exakt in den Deckelgriff und hebelt ihn quasi auf:
Die flache Topfoberseite mit dem bündigen Griffsteg ist innen mittig gewölbt, was dem Gargut gut tut: Der Dampf sammelt sich am Deckel, tropft auf den Braten und macht ihn auf diese Weise schön saftig.
Der Topf hat Sarpaneva viel Ruhm (u.a. die Silbermedaille der Triennale Mailand im Jahr 1960), Anhänger und eine Briefmarke eingebracht, die die finnische Post im Jahr 1998 herausgab:
Bis 1972 hielt Rosenlew diese Serie in Produktion. Es gab auch eine breitere, ovale Ausführung, und natürlich – Finnland hat knapp 188.000 Seen mit jeweils mehr als 500m² Fläche und eine 40.000 km lange Schärenküste – einen Fischbräter:
Der kam allerdings ob seiner Länge ohne diesen fabelhaften Teakgriff.
Ebenfalls von Sarpaneva stammt eine Pfanne mit doppeltem Ausguss, Hersteller war wieder Rosenlew:
Auch eckige Gratinformen, deren Deckel ebenfalls als Auflaufform genutzt werden konnten, entwarf Sarpaneva für diese Serie, die bis in die 70er außer in Rot noch in weiteren Farben hergestellt wurde.
Der runde und der hier im Blogpost nicht abgebildete ovale Bräter werden heute in Schwarz von Iittala produziert, die rote Ausführung, der Fischbräter sowie die Pfannen und die Gratinformen werden nicht mehr hergestellt.
Rosenlews Logo:
Etwas später arbeitete auch Sarpanevas Kollege Antti Nurmesniemi (1927-2003, SF) für die Konkurrenzfirma Wärtsilä zum Thema All. Er war von den beiden offenbar der größere Phantast, er wandte sich in den 1970ern weniger den Planeten zu als den Flugobjekten, die sich dazwischen tummelten und nannte seinen Entwurf UFO:
Der Deckelknauf ist eingeschraubt und lässt sich sehr gut mit einem Topflappen greifen.
Mit dem leicht konisch ansteigenden Aufbau des Deckels konnte Orvola die Deckelinnenseite nach unten wölben, was zum Abperlen des Gardampfes führt, der so für einen saftigeren Braten sorgt.
Sein Bräter wurde in mehreren Durchmessern und Höhen hergestellt, der hier abgebildete gehört zu den größeren, manche waren nur ca. 10 cm flach, was das UFOeske noch mehr hervorhob:
Wärtsilä kennzeichnete sein Gusseisen so:
Und um wieder auf der Erde zu landen, abschließend Heikki Orvolas (*1943, SF) griffiger Bräter, ebenfalls für Wärtsilä, dessen auf den ersten Blick unspektakulärer Deckel auch ganz schön raffiniert ist:
Der Deckel hat eine flache Oberseite und wie der Topf zwei Griffe, seine Innenseite ist gerippt, was ihn zu einer hervorragenden Grillpfanne macht:
Orvola entwarf für Wärtsilä auch Stielpfannen, deren Innendurchmesser kompatibel mit den Deckeln der Töpfe waren. Die Serie war von 1979-84 in Produktion.
Wärtsilä hatte ja schon Seppo Mallats schöne Emaille-Serie Finel produziert, zu weiteren schönen und funktionellen Topfserien wie etwa Jens Harald Quistgaards Købenstyle oder Stig Lindbergs Terma kommen Sie über die Links.
Wenn Sie also demnächst in der Küche über dampfende Töpfe gebeugt stehen und Ihnen die Ufos um den Kopf schwirren, dann liegt das entweder am Topf oder am Rotwein im Ragout.
– – – – –
Über die Hersteller:
Rosenlew war 1853 vom Brüderpaar Wilhelm und Carl Rosenlew im finnischen Björneborg gegründet worden, ursprünglich als Sägewerk, es kamen mit den Jahren Forstwirtschaft, Verpackungsindustrie, Papierindustrie, Bootsbau, Herstellung von Landwirtschaftsmaschinen und eben die Eisengießerei dazu. Ab den 1980er Jahren kam es zu Fusionierungen, Schließungen, Verkäufen von Produktionsbereichen an ausländische Firmen, sodass heute nichts mehr vom ehemaligen Rosenlew-Konzern übrig ist. Der schwedische Weißwarenhersteller Electrolux übernahm den Weißwarenbereich, stellte die Kühlschrankproduktion in Finnland allerdings bald ein. Trotzdem verkauft Electrolux heute eigenproduzierte Kühlschränke in Finnland unter dem Firmennamen Rosenlew.
Siehe auch http://www.academia.edu/1822865/En_rundtur_i_Bj%C3%B6rneborgs_industrilandskap
Auch Wärtsilä begann als Sägewerk. 1834 wurde es im heute russischen und damals noch finnischen Värtsilä gegründet, bald darauf folgte eine Eisenhütte, und mit den Jahrzehnten wuchs der Konzern. Er spezialisierte sich auf einige große Bereiche wie Schiffsbau, Maschinenbau, Motoren (es gab ein Lizenzabkommen mit Krupp), Metallverarbeitung u.a. Teilkonkurse, Fusionen, Beteiligungen und Umfirmierungen gehören ebenfalls zur Geschichte von Wärtsilä. Ungefähr in den 1970er Jahren muss Wärtsilä mit dem finnischen Porzellanhersteller Arabia zusammengekommen sein, Jahre später kaufte der Konzern die schwedischen Porzellanhersteller Gustavsberg und Rörstrand, der größte Anteil an diesen Porzellanmanufakturen wurde aber 1990 an Hackman verkauft (Arabia ging in Iittala auf, Rörstrand existiert seit 2005 nicht mehr und Gustavsberg ist heute im Besitz von Villeroy& Boch). Heute hat der Konzern Niederlassungen in Deutschland und Italien und ist v.a. im Bereich Motoren, Schiffe, Fähren, Eisbrecher tätig.
Siehe auch http://www.wartsila.com/about/history
– – – – –
Fotocredit für das Beitragsbild: NASA and the NSSDCA
PUBLIC INFORMATION OFFICE
JET PROPULSION LABORATORY
CALIFORNIA INSTITUTE OF TECHNOLOGY
NATIONAL AERONAUTICS AND SPACE ADMINISTRATION
PASADENA, CALIFORNIA 91109. TELEPHONE (2l3) 354-5011
–
PHOTO CAPTION Aug. 13, 1981, P-23883C/BW, S-2-5
–
NASA’s Voyager 2 took this photograph of Saturn on July 21, 1981, when the spacecraft was 33.9 million kilometers (21 million miles) from the planet. Two bright, presumably convective cloud patterns are visible in the mid-northern hemisphere and several dark spoke-like features can be seen in the broad B-ring (left of planet). The moons Rhea and dione appear as blue dots to the south and southeast of Saturn, respectively. Voyager 2 made its closest approach to Saturn on Aug. 25, 1981. The Voyager project is managed for NASA by the Jet Propulsion Laboratory, Pasadena, Calif. This image was converted directly from digital data to GIF format.